13.06.2024, 18–21 Uhr: Fußballfankulturen in der DDR
Über Protest, Repression und den kritischen Umgang mit Ostalgie
Lesung und Diskussionsrunde
Was Mauritius, der Schutzheilige des Magdeburger Doms, mit Christian Beck, der Legende des 1. FCM, zu tun hat und was den Magdeburgern ihr Fußballclub bedeutet, erzählen fünf Frauen zwischen vierzehn und Ende fünfzig. Es ist eine weibliche Geschichte der "Größten der Welt", aufgeschrieben von Anne Hahn, Organisatorin von Lesungen und Punk-Konzerten in Magdeburg zu Zeiten der DDR. 1965 entdeckt der neunjährige Pfarrerssohn Christoph den Fußball – in doppelter Gestalt. Der sichtbare Fußball rollt auf dem Sportplatz von Traktor Dingelstedt am Huy, der unsichtbare im Radio, draußen in der weiten Welt. Dort gibt es eine sagenhafte Stadt namens Jena. Ihr Stadion liegt im Paradies, ihr Stern heißt Peter Ducke. Christoph Dieckmann schildert die kurvige Laufbahn des ungewöhnlichsten Kickers der DDR. Zugleich erzählt er Fußball als deutsche Zeitgeschichte, vom Nachkrieg bis in die Gegenwart. Beide Autor:innen haben sich in ihren Werken auch mit dem Fandasein in der Diktatur und dessen Spielräumen und Inhalten für Protest, Rebellion und Erinnerungskulturen auseinandergesetzt.
Referent:innen: Anne Hahn, Christoph Dieckmann, Moderation: Frank Willmann
Anne Hahn:
Anne Hahn, 1966 in Magdeburg geboren und aufgewachsen, wo sie zunächst als Krankenschwester im Krankenhaus Altstadt gearbeitet hat. Danach hat sie Lesungen und Punk-Konzerte in Magdeburg organisiert. 1989 unternahm sie einen Fluchtversuch aus der aserbaidschanischen Republik in Richtung Iran und wurde verhaftet. Nach einem sechsmonatigen Gefängnisaufenthalt studierte sie Kunstgeschichte, Geschichte und Germanistik. Seit 1999 publiziert sie Porträts, Rezensionen, Sachbücher und Romane. Anne Hahn lebt in Berlin.
Christoph Dieckmann:
Christoph Dieckmann, 1956 als Pfarrerssohn in Rathenow/Brandenburg geboren. Kindheit am Harz (Dingelstedt bei Halberstadt, ab 1968 Sangerhausen). Facharbeiter für Filmwiedergabetechnik. Studium der Theologie in Leipzig und Ost-Berlin. Danach Vikar und kirchlicher Medienreferent. Freiberuflicher Autor für DDR-Kirchenzeitungen und die kulturpolitische Wochenzeitung „Sonntag“ (ab Herbst 1990 „Freitag“). Seit 1991 Autor und Reporter der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“. Viele Buchveröffentlichungen, zuletzt „Woher sind wir geboren. Deutsche Welt- und Heimreisen“ (2021). Zahlreiche Ehrungen, u. a. Egon-Erwin-Kisch-Preis und Theodor-Wolff-Preis. Mitglied des PEN. Er lebt in Berlin-Pankow.
Frank Willmann (Moderation):
Willmann reiste 1984 aus der DDR nach West-Berlin aus. 1986 nahm er an der Kunstaktion Der weiße Strich an der Berliner Mauer teil. Von 1990 bis 2002 veröffentlichte er zehn Prosa- und Lyrikbände, teilweise als Gemeinschaftsausgaben. Er veröffentlicht Bücher zur Fußball- und Punkkultur, publiziert Anthologien und schreibt für Zeitungen, so die Berliner Zeitung, taz, junge Welt und Zeit. Von 2015 bis 2022 war er Herausgeber der Bibliothek des deutschen Fußballs. Seit 2023 ist Willmann Herausgeber der Fußballbücher-Reihe Ikonen des Verlags Voland & Quist. Mit seinem 2023 veröffentlichten Buch „Der Pate von Neuruppin“, in dem die Ereignisse um die XY-Bande behandelt werden, erreichte Willmann Platz 8 der Spiegel-Bestsellerliste. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur, war Spieler der deutschen Autorennationalmannschaft und ist Fan des FC Carl Zeiss Jena. Willmann lebt in Berlin.
Verstanstaltungsort:
Archiv der Jugendkulturen e.V., Fidicinstraße 3, 10965 Berlin (Achtung: Zugang derzeit nur über Schwiebusser Straße, Höhe Hausnummer 129d)
freier Eintritt
Anmeldungen werden unter veranstaltungen@jugendkulturen.de erbeten.